Angsterkrankungen

 

Bis zu 10 % der Bundesbürger leiden unter Ängsten; Kinder und Jugendliche ebenso wie Erwachsene. An sich sind Ängste durchaus normale Reaktionen auf gefährliche Situationen. Sie mobilisieren den Körper und bereiten uns darauf vor, die anstehende Situation anpackend zu bewältigen („Angriff“) oder schnellstmöglich zuverlassen („Flucht“). Nun kommt es aber vor, dass Menschen Ängste erleben, ohne sich in realer Gefahr zu befinden. Ihr Alarmsystem springt bereits bei harmlosen Hinweisen an. Möglicherweise reicht schon der Gedanke an eine vermeintlich gefahrvolle Situation aus, um eine ausgeprägte Angst zu entwickeln. Die Angst kann auf konkrete Auslöser bezogen sein. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um phobische Störungen oder soziale Phobien.  

Bei phobischen Störungen leidet der Betroffene unter Ängsten in speziellen Situationen oder gegenüber speziellen Personen und Umständen. Beispiele sind übertriebene Ängste beim Arzt oder Zahnarzt, vor Krankheiten, in Höhen, gegenüber bestimmten Tieren, beim Autofahren u.a. PatientInnen mit sozialer Phobie fürchten Situationen im Beisein Anderer, die ihr Verhalten und ihre Person bewerten und ggf. ablehnen könnten.  

Darüber hinaus gibt es Ängste, die nicht auf bestimmte Situationen und Umgebungsfaktoren gerichtet sind, wie Panikstörungen und die Generalisierte Angststörung. Panikstörungen zeichnen sich durch ein plötzliches und wiederholtes Auftreten massiver Angst/Panik aus. Der Beginn ist nicht vorhersehbar, die Dauer kann von wenigen Minuten bis zu mehreren Stunden reichen.  

Die Generalisierte Angststörung ist eine andauernde Angst, die sich auf keine konkrete Befürchtung konzentriert, sondern etwa als allgemeine Sorge um mögliche künftige Gefahren auftritt.  

Angsterkrankungen zeigen sich sowohl auf der emotionalen Ebene wie auf der kognitiv-gedanklichen(sorgenvolle Gedanken, Katastrophenbefürchtungen etc.), auf der physiologisch-körperlichen (Anspannung, Nervosität, Konzentrationsstörungen, Schwitzen etc.) und auf der motorischen Handlungsebene. Der Betroffene geht den angstauslösenden Situationenmöglichst aus dem Weg und meidet sie in Zukunft. Dieser verständliche Versuch einer Bewältigung führt auf Dauer dazu, dass man nicht die Erfahrung machen kann, dass die belastende Situation ungefährlich ist. Durch das Fehlen dieser Erfahrung wiederum wird die Angststörung aufrechterhalten.  

 

Die Ursachen einer Angststörung können im Einzelfall sehr unterschiedlich sein. Oftmals spielen körperliche Voraussetzungen eine Rolle; das autonome Nervensystem, das Vorgänge wie Atmung und Herztätigkeit regelt, reagiert bei Angstpatienten oftmals sehr sensibel. Kindliche Erfahrungen können zudem das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten (und somit auch in die Bewältigung angstbesetzter Herausforderungen) fördern oder hemmen. Im Besonderen folgt diesen eher allgemeinen Voraussetzungen oft eine „erlernte Angst“. So kann das gleichzeitige Auftreten eines harmlosen Reizes (Zahnarzt) mit einer unangenehmen Körperreaktion (Schmerzen) zur Angst führen, die künftig immer auftritt, wenn der zuvor harmlose Reiz erscheint (grundsätzliche Angst bei jedem Zahnarztbesuch). Zudem führt die besondere Beachtung der körperlichen Symptome zu angstverstärkenden Gedanken und somit zum Ansteigen der Angst. Schließlich verhindertdie Vermeidung neue Erfahrungen und stabilisiert - wie schonerwähnt - die Angst.  

 

Diagnose und Therapie:  

Neben der allgemeinen Diagnostik, in der sich der Therapeut ein grundlegendes Bild von der Situation des Patienten macht, und nach einer konsiliarärztlichen Abklärung möglicher körperlicher Ursachen und Zusammenhänge, wird in der speziellen Diagnostik die individuelle Symptomatik der Angststörung erfasst. Hierauf baut der Behandlungsplan auf. So ist es etwa möglich, der Angst auf jeder der drei Ebenen Physiologie/Gedanken/ Verhalten zu begegnen. Auf der physiologisch/ körperlichen Ebene kann der Betroffene ein Entspannungsverfahren erlernen, mit Hilfe dessen er die beunruhigenden körperlichen Angstsymptome bewältigt. Die unrealistischen und angstauslösenden Gedanken können kognitiv-verhaltentherapeutisch hinterfragt und verändert werden.Eine Veränderung des (motorischen) Verhaltens ist schließlich durch konkrete Übungen möglich, die ggf. durch Imaginationsübungen und durch das Betrachten angstauslösender Bilder/ Filme (Video-Exposition) vorbereitet werden.  

 

Literatur (Auswahl):  

Ängsteverstehen und überwinden, Doris Wolf, PAL-Verlag

Angstfrei leben von Lucia Bassett, Beltz.

Wenn plötzlich die Angst kommt, Roger Baker, RBTaschenbuch

Angst bewältigen von Sigrun Schmidt-Traub, Springer Verlag.

Frei von Angst und Panik von Ines von Witzleben und Aljoscha A. Schwarz, GU-Verlag.

So überwinden Sie Prüfungsängste von Doris Wolf und Rolf Merkle, PAL-Verlag.